Freitag, 6. September 2019

Spinnenregen

Ich liege auf dem Bett und vegetiere vor mich hin, die Sonnenstrahlen tanzen durch mein Zimmer. Wie widerwärtig. Ich mag Hitze, Ich liebe Hitze und ich schätze irgendwo bin ich einer der wenigen die kein Problem mit der Hitze haben. Ich liebe den Sommer. Aber ich hasse die Menschen im Sommer. Es ist so anstrengend sie auszuhalten. Es ist so anstrengend gefühlte dreißig mal am Tag gefragt zu werden, ob mir nicht heiß sei, ob ich nicht schwitze. Und es ist noch anstrengender jedes mal erklären zu müssen, dass mir tatsächlich nicht zu heiß ist. Sonst würde ich leichter bekleidet rum rennen, macht doch eigentlich Sinn. Und dann versucht man mich abzutasten um zu schauen, ob das auch wirklich stimmt, was meine Paranoia die letzten Monate extrem gesteigert hat. Das ist ja immerhin einer meiner größten Ängste, Menschen die einen einfach anfassen, die glauben Körperkontakt sei selbstverständlich. Teilweise Fremde. Warum redet ihr mit mir? Was soll ich tun? Wenn 35 Grad angenehm sind und 25 etwas frisch? So ist mein Temperaturempfinden nun mal. Meine Hausärztin sagt alles sei okay. Also ist alles okay. Ich denke…ich denke ihr solltet alle einfach mal einen Joint rauchen.

Und jetzt hasse ich den Sommer. In der City.
Aber ich liebe den Sommer hier in meinem Geisterstädtchen wo keine Menschen sind. Wo ich unbeschwert mit einem riesigen Sonnenhut und einem oversized Langarmshirt auf dem Feld rum rennen kann – weil hier keine Menschenseele ist.
Nur ich, die Natur und die Wildschweine und Rehe. Und Zecken. Ja. Zecken – meine zweitgrößte Angst.  Und dann entdecke ich auf meinen kleinen Entdeckungsreisen interessante Orte, wie die verschollene Rennbahn im Wasserschutzgebiet, wo alle Insekten zehn mal Größer sind und es xxl Spinnen regnet die sich um den Finger von einen klammern – sie haben pulsierende Hintern und große Augen.
Ich wünschte ich hätte jemanden mit dem ich mich gemeinsam in diese Abenteuer stürzen könnte.
Alleine fühle ich manchmal etwas…ausgeliefert. Nicht einsam, sondern ausgeliefert.
Wenn jetzt etwas passiert, was wirst du tun? Sterben, ist doch klar.
Kein Empfang, keine Menschen, mitten im Nirgendwo. Trotzdem werde ich meine Ausflüge in die Natur nicht aufgeben. Ich muss dort sein, ich brauche das. Irgendwie versteht das niemand, dass ich am glücklichsten bin, wenn ich alleine irgendwo in einem Feld rum liege, bewaffnet mit meinem Füller, drei Tintenpatronen und einigen Büchlein. Oder verloren umherwandernd,  mitten im Wald oder in verlassenen Orten, wenn ich so weit laufe wie mich meine Beine tragen und nach Sonnenuntergang erst wieder Zuhause bin.

Mittwoch, 4. September 2019

Geh nicht ran.

Meine Mutter und ich betreten die Kellerwohnung, mein neues ''Zuhause''. Wir laufen ins Wohnzimmer und legen unsere Sachen ab, während meine Mutter davon redet wie erleichternt es doch sei aus der brennenden Hitze in eine kühle Kellerwohnung zu kommen. Ich finde es nicht heiß, aber ich finde es nie zu heiß. Über sowas sollte man wirklich nicht mit jemanden reden, der bei 36  Grad lange Sachen an hat ohne ins Schwitzen zu kommen (Gott segne meine Gene). Ich lache kurz auf während ich nach einem Sweatshirt greife (hier ist es mir zu kalt). Doch plötzlich halte ich inne und mein sanftes Gelächter wird verschluckt, mein halbes Lächeln versteift sich, meine Augen weiten sich – mein Gesicht eine merkwürdige Grimasse. 

Einen Moment mal? Habe ich das hier nicht schon erlebt? Diesen exakten Moment? Vor weniger als einer Stunde? Es kann nicht mehr als eine Stunde vergangen sein.

Ich schaue zu meiner Mutter rüber, auf ihrem Gesicht liegt ein warmes Lächeln, aber ihre Augen sind  geweitet und emotionslos. Verwirrt starre ich sie an, als plötzlich ihr Handy klingelt. Ein kleines rotes Licht leuchtet auf während das nervenbetörende Klingeln durch den Raum hallt. Und ich weiß was das heißt. Panik ergreift mich.
Ohne meinen Blick von meiner Mutter abzuwenden bewege ich mich langsam in die Richtung des Tisches, auf welchem das Handy liegt, während ich mahnend aber ruhig zu meiner Mutter spreche: „Mama…du gehst da nicht ran.“

„Aber, ich muss da ran gehen. Ich muss da doch ran gehen!“ Ihr Gesichtsausdruck ist immer noch der selbe. 
Und so beginnt es, meine Mutter versucht die ganze Zeit an das Handy zu kommen, während ich abblocke um eben genau dies zu verhindern.
Als ich anfange sie anzuschreien wird das Klingeln des Handys von einem kurzen klirrenden Ton unterbrochen, gefolgt von einem Rauschen.
Der Anruf hat sich von selbst entgegen genommen. 
Der Anruf hat sich von selbst entgegen genommen?

Wie in Trance laufe ich vorsichtig auf das Handy zu, als ich einen Blick auf den Namen des Anrufers erhasche, werde ich in genau dieser Sekunde aus dem Schlaf gerissen. Wer bist du?
Ruckartig richte mich mit einem lauten Keuchen auf.
Ich lege meine Hand auf den Brustkorb und atme langsam tief ein und aus, bis mein Atem ruhiger wird.
Dann lehne ich mich gegen die Wand und starre in die Leere, Tunnelblick.
Einige Minuten verstreichen und ich lege mich wieder hin, ziehe die Decke über mich und vergrabe mein Gesicht in mein Kissen.
Dieser verdammte Traum ist wieder zurück, dieser verdammte Traum. Und er folgt immer dem selben Muster.
Ich wache an einem mir fremden, aber nicht außerweltlichen, Ort auf. Meistens ist es ein verlassener Ort oder ein Ort der von Zerstörung gezeichnet ist. Ich laufe umher und versuche herauszufinden wo ich bin. Irgendwann komme ich an eine Tür vorbei, diese ist einen Spalt geöffnet. Und aus diesem Raum ertönt das Klingeln eines Handys, ein kleines rotes Licht leuchtet auf was mir signalisiert wo es ist. Im Raum ist es stockdunkel. Ich betrete den Raum und nehme den Anruf entgegen. 
Variante 2 des Traumes ist komplett identisch, außer wenn es um den Teil des dunklen Raumes geht. In dieser Variante gehe ich durch eine Tür die einen Spalt geöffnet ist und gelange so erstmal in eine familiäre Umgebung, meistens lande ich im Flur meiner Wohnung, dann blicke ich zur Seite in einen Raum in dem es komplett dunkel ist. Da ist es dann wieder, das Klingeln des Handys, das rote Licht, ich laufe in Trance darauf zu und hebe ab. 

Während ich zusammengekauert unter meiner Bettdecke liege fällt es mir dann ein, das ist doch der Punkt der ganzen Sache. Das, was den Traum so beängstigend macht. 
Immer wenn ich den Anruf entgegen nehme werde ich aus dem Schlaf gerissen, daraufhin folgt immer ein verwirrendes oder verstörendes Ereignis. Immer.
Warum? Wer weiß das schon.

„Diesmal scheint es wohl nicht so zu sein“, sage ich mir in Gedanken.
Doch dann höre ich plötzlich wie jemand meinen Namen sagt – flüstert.
„M.“
Ich erkenne die Stimme wieder, es ist die Stimme meiner Mutter.
Ich nehme die Decke wieder von meinem Kopf und antworte: „Ja?“

„M!“ – „Was ist denn?!“ 
Ich richte mich genervt auf. 
„Komm doch einfach her wenn du was willst!“
Stille.
Keine Antwort, kein Ton, nichts. Und dann sinkt es langsam ein…Ich bin doch alleine Zuhause.
Wie angewurzelt bleibe ich noch einen Moment sitzen, dann stehe ich auf und suche die ganze Wohnung ab. Alle Türen und Fenster werden überprüft, es werden alle Schränke geöffnet, unter jedes Bett und jeden Tisch geschaut, hinter jedem Vorhang. Niemand. Absolut niemand da. Die Tür ist fest verschlossen.

Schließlich lasse ich mich aufs Sofa fallen und lasse alles was sich eben abgespielt hat sacken.
Seit dem ich in die Kellerwohnung gezogen bin habe ich diese Träume wieder. So gut wie jede Nacht, oder jede zweite. Es ist seltsam, ausgerechnet hier wo ich mich doch so wohl fühle, wirklich, ich glaube ich habe nirgends besser geschlafen und mich entspannter gefühlt als hier.
Ich erwische mich wieder bei dem selben Gedanken wie damals mit 14, als ich feststellte, dass dieser Traum ein wiederkehrender sein würde: „Wenn es ein etwas ist und nicht ein Produkt meiner Hirnmasse, dann ist dieses etwas wieder da.“

Ich höre einen lauten Knall, die Tür öffnet sich, langsam und dann schnell. Die schwere Tür die fest verschlossen war, die von außen keinen Türhebel hat und für die nur ich einen Schlüssel habe. Und dort steht: absolut niemand. Ich schaue im Treppenhaus nach, denn wenn es eine Sache gibt die schlimmer ist als Hirngespenster, dann sind das Einbrecher und potentielle Serienkiller. Niemand, auch die Eingangstür oben ist fest verschlossen.
Später fragte ich meine Familie aus, niemand will was gewusst haben. 
Das ist nicht mal Gedankengekrakel. Das ist Gehirnscheiße. 
Aber, es ist in Ordnung. Zwei Tassen schwarzer Kaffee bringen die Welt wieder in Ordnung, nur nicht meine Nieren wenn das so weiter geht.

Gedankencut. 

Montag, 2. September 2019

Updates

Okay. Also. Zum letzten Post…der wird bald gelöscht. Nicht weil ich mich dafür schäme, dass  das passiert ist – ist ja immerhin nicht meine Schuld – aber: doch, irgendwie fühle ich Scham und Widerwärtigkeit. Ich weiß nicht warum ich Scham fühle, vielleicht weil so etwas ziemlich erniedrigend ist. In dem Moment musste es einfach irgendwo raus, jetzt will ich aber den Reset Button drücken und so tun als wäre das nie passiert. Verdränge ich oder schließe ich gerade ab? Manchmal kann ich die beiden nicht voneinander trennen, doch ehrlich gesagt ist mir das gerade ziemlich egal.


Wer es gelesen hat nimmt es mit ins Grab und wir werden nie wieder darüber reden. 


Themenwechsel.
Meine Kamera ist kaputt gegangen, was mich zu tiefst erschüttert. Ich dachte die Batterien wären das Problem, aber es scheint die Stromversorgung zu sein. Das ist schlecht für meinen Zweitblog (kommt bald), aber ich werde mich darum kümmern.

Ich arbeite gerade daran mehr Struktur und Organisation in meinen Tagesablauf zu bringen, Verantwortung zu übernehmen und ich bin froh, dass ich Freunde haben die mir diesbezüglich in den Arsch treten. Ich bin froh, Leute kennengelernt zu haben die mir beigebracht haben zu streiten, Freundschaften zu pflegen und gemeinsam zu wachsen, anstatt sich abzukapseln. Ich liebe sie.
Da ist so viel bedingungslose Liebe. Warum ich euch das erzähle weiß ich nicht, ich fühle einfach so viel Dankbarkeit und Liebe für diese Menschen, jeden Tag und das wollte ich einfach…sagen.

Und, ich habe einen neuen Turm an Büchern erbaut, dazu ein anderes mal.


Na ja, gute Nacht.